Dirk Reinartz war gerade 23 Jahre alt, als er 1971 als jüngster Fotograf in der Geschichte des STERN in dessen Redaktion berufen wurde. Mehrere Jahre arbeitete Reinartz im Auftrag des Magazins und reiste als Bildjournalist um die ganze Welt. Von Beginn an war er ein Ausnahmefotograf, der sensationelle Momente und ästhetische Stilisierung vermied. Unaufgeregt, neugierig, bisweilen auch mit skeptischem Blick, war ihm das Dokumentarische ein Anliegen, darin besonders die verborgene Geschichte hinter dem scheinbar offensichtlichen Bild.
Dirk Reinartz – Fotografien
Das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum stellt vom 13. November bis zum 6. Februar mit rund 180 vielfältigen und gleichsam eindringlichen Arbeiten den renommierten deutschen Photographen
Dirk Reinartz (1947-2004) vor. Kuratorin der Ausstellung Dirk Reinartz – Fotografien ist
Sylvia Böhmer (DGPh). Die Ausstellung wird am 12. November um 19 Uhr eröffnet.
Weitere Infos unter www.suermondt-ludwig-museum.de.
Zunächst für den STERN, dann aus eigenem Antrieb heraus reiste Dirk Reinartz 1974 nach New York. Das Resultat dieser Aufenthalte ist eine Reihe faszinierender Aufnahmen: urbane Architektur, beiläufige Alltagsszenen mit oft skurrilem Einschlag, melancholische Porträts an Orten abseits des Lichterglanzes, unvoyeuristisch und mit sensiblem Blick gesehen. Die Fotoserie „New York“ war Dirk Reinartz’ erstes größeres freies Projekt, dem viele weitere folgten, seit er ab 1982 als freiberuflicher Fotograf arbeitete. Die Berichte und Reportagen von Reinartz erschienen in vielen Magazinen, darunter LIFE, Fortune, Der Spiegel, Merian, ZEIT-Magazin, SZ-Magazin. Für das Magazin ART fotografierte er seit dessen erster Ausgabe eine ganze Reihe eindrucksvoller Künstlerporträts, die später auch in einem Bildband veröffentlicht wurden.
Seine thematischen Fotoessays publizierte er seit 1985 zum Teil in seinen Bildbänden, die jetzt fast ohne Menschen auskamen. Schon die lakonischen Titel der Publikationen „Kein schöner Land“, „Besonderes Kennzeichen: Deutsch“, „Bismarck – Vom Verrat der Denkmäler“, und „Innere Angelegenheiten“ zeigen, dass es sich nicht um werbewirksame Aufnahmen deutscher Regionen handelt. Sie sind vielmehr nüchterne Bestandsaufnahmen ungastlicher Alltagsarchitektur. So wie er anfangs mit kritischem Blick ferne Länder bereiste, fuhr er später auch durch Deutschland. Die Beschäftigung mit dem Thema Deutschland mündete unter anderem in der Arbeit „totenstill“, einer fotografischen Auseinandersetzung mit den Orten deutscher Konzentrationslager.
Reinartz näherte sich seinen Themen aus sehr verschiedenen Perspektiven. Zunächst fotografierte er in Schwarz-Weiß, später kommt die Farbe hinzu. Unterstreichen die zurückhaltende Farbigkeit und der eng gefasste Bildausschnitt in der Fotoserie „Innere Angelegenheiten“ die zeitlose Wirkung dieser Fotografien, so entstand mit „Bismarck in America“ das eher bezeichnende Porträt einer unspektakulären US-Kleinstadt in außergewöhnlichen Aufnahmen.
Wichtig war Reinartz auch die langjährige und freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Bildhauer Richard Serra. Über zwei Jahrzehnte begleitete Reinartz mit der Kamera weltweit dessen Landschaftsinstallationen und Skulpturen im öffentlichen Raum.
Dirk Reinartz wurde 1947 in Aachen geboren. Nach einer Fotografenlehre in Aachen studierte er zunächst Fotografie bei Otto Steinert an der Folkwang-Schule in Essen, bevor er als Fotograf in die Stern-Redaktion berufen wurde. Seit 1977 war er Mitglied der Agentur Visum, die er 1982 verließ, um freiberuflich zu arbeiten.
Seit 1998 lehrte Reinartz als Professor für Fotografie an der Muthesius-Hochschule in Kiel. Sein den Studenten vorgegebenes Ziel: schwierige Aufgaben, klare Bilder. Ein Schüler von ihm schrieb einmal, seine Studenten hätten sich seine Methoden abgeschaut: „(…) den langen Atem, die Dichte an Information, die ironische Disposition“. Das Unerbittliche seiner Anschauung wäre, in seiner persönlich geprägten Paradoxie, das Gegenteil eines Vorurteils. (Ulf Erdmann Ziegler).
Dirk Reinartz lebte in Buxtehude und starb 2004 im Alter von 57 Jahren in Berlin.
Im Herbst 2010 erscheint im Steidl Verlag als jüngste Publikation Dirk Reinartz’ fotografisches Essay über Hamburg – St. Georg“, mit Aufnahmen von 1981, die in Inhalt und Form an die New York-Bilder der frühen Jahre anknüpfen.
Die Vielfalt und Eindringlichkeit der Fotografien Reinartz’ zeigt die Ausstellung im Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen. Sie wird vom 13.11.2010 bis 6.2.2011 zu sehen sein. In seiner Geburtsstadt werden nun erstmals in diesem Umfang rund 150 Arbeiten aus dem Gesamtwerk des renommierten deutschen Fotografen gezeigt.
Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit Karin Reinartz und der Galerie m, Bochum. Kuratorin ist Sylvia Böhmer, Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, Tel. 0241-4798012.
Pressegespräch: Donnerstag, 11. November 2010, 11 Uhr
Eröffnung: Freitag, 12. November 2010, 19 Uhr
Weitere Informationen auf folgerner Internetseite: www.dirk-reinartz-fotografie.de