Candida Höfer im Dialog mit der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek
25.03.2022 bis 28.08.2022
Museum für Fotografie
Candida Höfer erforscht mit ihren Fotografien gebaute Räume. Ihre weltbekannten Interieurs nehmen Bibliotheken, Museen, Gaststätten, Theater und andere öffentlich zugängliche Orte in den Blick, lassen die Architektur neu erleben. Im Vergleich mit fotografischen Interieurs aus der über 150 Jahre alten Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek entspinnt sich ein Dialog zwischen angewandter Fotografie und künstlerischer Arbeit.
Die Ausstellung eröffnet mit etwa 90 Werken einen breiten Querschnitt durch die Raumaufnahmen Candida Höfers von 1980 bis in die unmittelbare Gegenwart. Die langen Traditionslinien ihrer Architekturaufnahmen reichen jedoch auch tief in den klassischen Kanon dieses Aufgabengebiets hinein. Im Dialog mit Pendants und Gegenbildern aus der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek erschließt sich der besondere Zugriff Höfers auf ihre Bildmotive besonders eindrücklich.
Kommunikative Qualitäten des gebauten Raums
Orte, die besondere kommunikative Funktionen haben, werden paradoxerweise ohne die sie frequentierenden Menschen gezeigt: Die den menschlichen Austausch ermöglichenden Qualitäten oder Mängel der Räume demonstriert Candida Höfer an der Architektur selbst, an der von ihr jeweils spezifisch erfassten Atmosphäre, an der von ihr gewählten Perspektive und dem Bildausschnitt. Die Themengruppen werden von ihr also nicht seriell in den Blick genommen, die jeweiligen Orte geben für sie das Bildformat wie auch die Größe der Abzüge vor. Doch bietet die Zusammenstellung der Gruppen vielfältige Vergleichsmöglichkeiten, die das langjährige und nachhaltige Interesse der Fotografin an den spezifischen Orten eindrucksvoll bestätigen.
Bilder im Dialog
Einige Themengruppen zeigen exemplarisch den visuell stimulierenden Dialog der Bilder: Fassaden, Fenster und Türen öffnen und verschließen den Blick in Räume oder aus ihnen heraus. Besonders reizvoll entspinnt sich das Zwiegespräch der Bilder bei den Aufnahmen von der Berliner Museumsinsel. Zeigen die gestochen scharfen großformatigen Kontaktkopien der Königlich Preußischen Messbildanstalt noch das monumentale Treppenhaus mit den Fresken Wilhelm von Kaulbachs, so erfasst Ryuji Miyamoto im Jahr 2000 den transitorischen Zustand des noch ruinösen Gebäudes vor dem Beginn des Innenausbaus und zeigt Candida Höfer wiederum 2009 dessen Abschluss.
Bisher unveröffentlicht sind Höfers Farbaufnahmen aus ihrer Liverpool-Serie von 1968, von denen sich ein Entwicklungsstrang zu ihren Bildern der Gasträume in Cafés, Hotels, Kuranlagen und Wartesälen nach 1980 ziehen lässt. Sie werden mit den eher journalistisch aufgefassten Straßenszenen von Willy Römer und Bernard Larsson, den Bildern Dirk Alvermanns spanischer Barszenen um 1960 sowie den Aufnahmen von Helga Paris der mittleren 1970er Jahre von Berliner Kneipen aus der Sammlung Fotografie ins Gespräch gebracht.
Die Fotografin Candida Höfer
Candida Höfer (* 1944) widmete sich seit ihrem Studium bei Bernd und Hilla Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie gegen Ende der 1970er-Jahre immer intensiver der Architekturfotografie. Sie hat sich auf diese wichtige Gattung konzentriert, ohne jedoch wie Fotografen früherer Generationen im Auftrag von Architekten und Kunsthistorikern tätig zu werden. Sie begreift ihre Arbeit als künstlerische Fotografie, und das Fotografieren von Innenräumen wurde von ihr selbstbestimmt als Haupttätigkeitsfeld ausgewählt. Sie selbst steckte dafür den Rahmen ab: „Ich fotografiere in öffentlichen und halböffentlichen Räumen aus unterschiedlichen Epochen. Es sind Räume, die für jeden zugänglich sind. Es sind Plätze der Begegnung, der Kommunikation, des Wissens, der Entspannung, der Erholung. Es sind Kuranlagen, Hotels, Wartesäle, Museen, Bibliotheken, Universitäten, Banken, Kirche und seit einigen Jahren Zoologische Gärten.“
Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln.
Beitragsbild: Candida Höfer, Wartesaal Düsseldorf III 1981 © Candida Höfer / VG Bild-Kunst, Bonn 2021